Verborgene Zusammenhänge: Leberdysfunktion und Schulterschmerzen - von Daniel Randzio

Schulterschmerzen sind ein weit verbreitetes Beschwerdebild mit vielfältigen Ursachen. Sie entstehen häufig durch sportliche Aktivitäten oder körperliche Arbeit, aber auch durch langes Sitzen, wie es etwa bei der Arbeit am Computer der Fall ist. Solche Belastungen können zu Muskelverspannungen oder Überlastungen der Strukturen im Schultergelenk führen.

Weitere häufige Ursachen sind degenerative Veränderungen wie Arthrose des Schultergelenks oder Kalkablagerungen in den Sehnen (Kalkschulter), die mit zunehmendem Alter auftreten können. Auch systemische Entzündungen, beispielsweise bei chronischer Polyarthritis oder rheumatischen Erkrankungen, können Schulterschmerzen verursachen.

 

Doch was, wenn trotz gründlicher Untersuchung keine klare Ursache für die anhaltenden Schulterschmerzen gefunden wird? In solchen Fällen können auch  beispielsweise Dysfunktionen der Leber oder Gallenblase eine Rolle spielen. Über komplexe neurologische und fasziale Verbindungen können Leber- bzw. Gallenblasenprobleme Schmerzen in der Schulter verursachen, obwohl die Ursache gar nicht im Schultergelenk liegt. Dieses Phänomen wird oft übersehen, kann aber eine Erklärung für unerklärliche Schulterschmerzen sein.

 

Mögliche andere Gründe für Schulterschmerzen können sein:

 

  • Leberinfektionen: Infektionen im Leberbereich können Schmerzen in der Schulter verursachen.
  • Stoffwechselstörungen: Ein Ungleichgewicht im Stoffwechsel, eine unausgewogene Ernährung, der Konsum von Alkohol oder Süßgetränken sowie die Einnahme von Medikamenten können die Leber belasten und zu Beschwerden führen.
  • Hormonelles Ungleichgewicht: In der Menopause kann ein hormonelles Ungleichgewicht die Leberfunktion beeinflussen und somit auch Schmerzen im Schulterbereich begünstigen.

Osteopathische Erklärungsansätze - anatomische Zusammenhänge 

 

Der menschliche Körper besteht aus einem komplexen Netzwerk aus Faszien, Nervenbahnen und Muskelketten. Dieses verbindet die Organe mit dem Bewegungsapparat. Die Leber befindet sich im rechten Oberbauch direkt unter dem Zwerchfell und ist über verschiedene anatomische Strukturen mit dem Schulterbereich verbunden.

 

 

Fasziale Verbindungen

 

Gewebespannungen, Bewegungseinschränkungen und entzündliche Prozesse der Leber oder der Gallenblase können sich auf das umgebende fasziale System übertragen. Über Zwerchfell, Pleura und die Muskulatur des oberen Thorax können sie so auch die Schulter beeinflussen. Faszien verbinden Organe, Muskeln und Knochen funktionell miteinander. In manchen Fällen kann dies als Erklärung herangezogen werden, weshalb Probleme im Bereich der Leber Beschwerden oder Verspannungen im Schulterbereich begünstigen können. Eine ganzheitliche Behandlung berücksichtigt deshalb immer das gesamte fasziale System und nicht nur die betroffene Stelle selbst.

 

Nervenirritationen - Nervus phrenicus

 

Der Nervus phrenicus stellt eine wichtige Verbindung zwischen Leber, Zwerchfell und Schulter her. Er entspringt den Halswirbeln und versorgt das Zwerchfell sowie die Leberkapsel sensibel. Wenn die Leber oder die Leberkapsel gereizt sind, kann sich dieser Reiz entlang des Nervus phrenicus ausbreiten. Da dieser Nerv auch mit den großen Nervengeflechten im Hals (Plexus cervicalis und Plexus brachialis) in Verbindung steht, die unter anderem die Schultermuskulatur motorisch versorgen, kann sich eine Reizung auf den Schulterbereich auswirken.

 

Osteopathische Behandlungsansätze

 

Osteopathische Behandlungen können dazu beitragen, Schulterschmerzen zu lindern oder sogar vollständig zu beseitigen.

 

  • Behandlung von Leber und Zwerchfell: Bei der Behandlung von Leber und Zwerchfell werden durch Mobilisierungstechniken deren Beweglichkeit und Gewebespannungen verbessert und Spannungsmuster im Körper reduziert.
  • Fasziale Techniken: Spannungen und Verklebungen des Bindegewebes können gelöst werden.
  • Nervale Regulation: Durch die Behandlung des Nervus phrenicus kann die vegetative Balance wiederhergestellt und Muskelverspannungen gelindert werden.

 

Fazit

 

Schulterschmerzen können vielfältige Ursachen haben, von lokalen Problemen im Schultergelenk bis hin zu weniger offensichtlichen Auslösern wie Leber- oder Gallenblasendysfunktionen. 

Osteopathische Behandlungsansätze, die die Mobilität und Funktion von Leber, Zwerchfell und den dazugehörigen Faszien sowie die nervale Regulation gezielt unterstützen, können deshalb eine wichtige Ergänzung zur klassischen Therapie bei unerklärlichen Schulterschmerzen darstellen. Ein ganzheitlicher Blick auf den Körper ermöglicht es, verdeckte Ursachen zu erkennen und gezielt zu behandeln – für eine nachhaltige Linderung der Beschwerden und mehr Lebensqualität.